Jan 04

Offener Brief zum Jahreswechsel von Frau Bürgermeisterin Karin Emken

Offener Brief zum Jahreswechsel 2020-2021

Sehr geehrte Esenserinnen und Esenser,

wenn ich zurückblicke auf das Jahr 2020 und dabei auf Esens schaue, so denke ich natürlich auch
bei uns zuerst an Corona, an dieses winzig kleine Virus, das auch unser Leben tagtäglich bestimmt
hat, verändert hat, bedroht. Dieses Virus, das all das, was wir als gewiss und selbstverständlich
angenommen haben in Ungewissheit und Unsicherheit gewandelt hat.
Ist meine oder die Gesundheit meines Gegenübers, ist gar unser Leben gefährdet, wenn ich dies
oder jenes tue, wenn ich diese oder jenen treffe? Riskiere ich Menschenleben, wenn ich jemanden
in den Arm nehme, an Hochzeiten oder Beerdigungen teilnehme, einen Kranken besuche? Wie
groß muss die Distanz sein zu den Menschen, denen ich nah sein möchte?
Zu Beginn des Jahres wären dies noch absurde fast lächerliche Fragen gewesen, die wir uns nun
aber alle in den letzten Monaten täglich stellen mussten und müssen.
Erfüllt von Fragen, Sorgen, Zweifeln, Ängsten, auch Wut und Ohnmacht, fühlen wir uns verletzlich
und verwundbar.

Wie kommen wir durch diese Zeit? Was gibt uns Hoffnung, Zuversicht und Kraft?
Ich brauche mich nur umzuschauen, sehe unsere wunderschön, weihnachtlich beleuchtete Stadt
vor meinen Augen. Unseren stimmungsvoll geschmückten Marktplatz mit dem Tannenbaum und
die Straßen mit den vielen Lichtern, die alles in einen festlichen Glanz tauchen und uns einladen.
Dieses Bild zum Abschluss des unruhigen und beunruhigenden Jahres 2020 ist für mich ein Ruhe
stiftendes. Ich sehe diesen vertrauten Ort, an dem wir zu Hause sind und den wir unsere Heimat
nennen. An dem wir uns verbunden fühlen können mit den uns umgebenden Menschen.
Ich sehe unsere Geschäftsleute, die uns willkommen heißen und versuchen unsere Wünsche zu
erfüllen, auch im Lockdown durch Abhol- und Bring-Service. Herzlich und offen. Und viele Esen-
ser*innen, die dies dankbar annehmen.

Und genau so war es doch das ganze Jahr über hier bei uns.
Mit viel Kreativität, Lebensfreude und Humor, mit Mut und Kraft haben Sie es, liebe Esenser*innen
geschafft Gemeinschaft in dieser schwierigen Zeit zu leben – allen Widrigkeiten zum Trotz. Sie ha-
ben es auf sich genommen, Hygienekonzepte zu schreiben, Rahmenbedingungen zu erfüllen, ha-
ben sich etwas einfallen lassen, um möglichst viel stattfinden zu lassen. Damit Menschen unter-
stützt, ihnen geholfen werden kann, sie sich sehen und aneinander freuen können.

Dass fast alle unsere Veranstaltungen ausfallen mussten, hat uns getroffen, besonders schmerzlich
die Absage unseres Schützenfestes. Aber auch hier oder gerade hier konnte man sehen, was uns
Esenser*innen ausmacht. Denn wir schmücken trotzdem! Tausende von uns. Es gab Böllerschüsse,
kleine traditionelle Treffen der Gruppen und Vereine, Mini-Fackelumzüge, Feuerwerk. Einige
Marktbeschicker haben uns den Duft und die Atmosphäre unseres Festes in die Stadt gebracht.

Wir haben vom Frühjahr bis zum November viele, viele tausende Gäste bei uns willkommen ge-
heißen, haben ihnen trotz und mitten in der Pandemie ihren Urlaub ermöglicht. Mit viel Mühe und
Kraft, zugewandt, gastfreundlich und offen. Unsere Gäste wären bis in den Januar hinein gerne zu
uns gekommen. Doch es kam die zweite Welle, Lockdown light und Lockdown 2.0.

Und dann war Weihnachten. Das Fest der Liebe. Das Fest der Familie. Und die Frage, ob es ver-
antwortbar sei zur Kirche zu gehen. Diese Frage hat meine Familie für sich ganz klar mit „Ja“ be-
antwortet. Weihnachten ohne Gottesdienst geht bei uns nicht. Und so waren wir in diesem Jahr

sogar zweimal am Heiligabend in unserer schönen St. Magnus Kirche, zum Familiengottesdienst
und spontan dann noch zur Christmette – jeweils nach Online-Anmeldung.
Pastorin Anna Bernau hatte ihre Familie in das Krippenspiel mit eingebunden und uns die Gemein-
de auch. „Fürchtet Euch nicht!“ rief sie uns fröhlich und kraftvoll entgegen und wir antworteten ihr
genauso fröhlich und kraftvoll „Fürchtet Euch nicht!“. Habt Hoffnung und Vertrauen, so die Bot-
schaft.
In der Christmette sprach Frau Superintendentin Eva Hadem zu uns über Gelassenheit, auch oder
gerade in Krisenzeiten, wie die unsere. Gelassenheit durch Vertrauen darauf, dass es sich zum Gu-
ten wenden werde. Sie sprach von Gottvertrauen.
Und es ist doch auch Vertrauen in unsere Mitmenschen, das uns Kraft schöpfen lässt, uns Gelas-
senheit und Hoffnung geben kann.

Und genau dies spüre ich in unserer Stadt.

Ich sehe eine Gemeinschaft, deren Erfolg darin liegt, wie wir miteinander umgehen und wie wir
zusammenhalten. Wie wir uns wertschätzen, respektieren und achten und dass wir sehen können
was für ein Geschenk diese Gemeinschaft ist. Es findet sehr viel Gutes statt in unserer Stadt.
Ich sehe Bürger*innen, die die Fähigkeit haben gelassen und besonnen auch die jetzige außerge-
wöhnliche Situation anzunehmen. Sehe viele, die sich verantwortungsvoll und hilfsbereit erwei-
sen, die sich für ihre Mitmenschen einsetzen. Viele, die sich solidarisch und diszipliniert zurück-
nehmen, um die Ältesten und Schwächsten in unserer Gemeinschaft zu schützen. Und viele, die
sich in den Dienst der Allgemeinheit stellen, in den Kitas, Schulen, in den Pflegeinrichtungen, bei
den Ärzten, in den Geschäften und auch in den sozialen, kulturellen, politischen, kirchlichen oder
sportlichen Gruppierungen, u.a. in der Feuerwehr, dem DRK, der Polizei, den Vereinen, in den Mu-
seen, in der Jugend- und Elternarbeit, der Flüchtlingshilfe, der Tafel, im Mehrgenerationenhaus
und in der Nachbarschaftshilfe, bei Besuchsdiensten, im täglichen Miteinander.
Ich sehe Sie alle, die wir zusammen das Leben in unserer Stadt tragen und gestalten. Viele Hände,
viele Menschen, die hart und besonnen daran arbeiten unsere Gemeinschaft zu erhalten. Weil es
uns wichtig ist, was hier passiert – mit uns.
Wir alle haben einander Vertrauen geschenkt und zurück geschenkt bekommen.

Wir wissen, dass das was wir hier besitzen nicht für immer errungen ist. Das haben wir schmerz-
haft erfahren, gerade in diesem Jahr. Es gibt sie immer, die großen Herausforderungen, die
schwierigen Aufgaben, die unlösbar erscheinenden Probleme. Und immer gibt es Lösungswege.
Unser Handeln steht in diesem Bewusstsein.

Und so hat sich gerade in diesem Jahr, dem Pandemiejahr etwas gelöst, worauf wir viele Jahre lang
beharrlich hingearbeitet haben. Der Rechtsstreit um die Entlastungsstraße in Bensersiel ist beige-
legt. Wir haben uns mit dem Kläger geeinigt, so dass wir die Straße in den nächsten Monaten wer-
den wieder öffnen können. Damit sind wir endlich in der Lage Bensersiel weiterzuentwickeln, zu
gestalten. Wir werden als erste Schritte zunächst die im Dezember begonnene Neugestaltung des
Kurparks fertig stellen, um dann die für uns so wichtige Beruhigung und Umgestaltung der Orts-
durchfahrtsstraße zu planen.

Wunderbar umgestaltet haben wir in diesem Jahr auch unseren Marktplatz und die Marktstraße.
Eine sehr große Baumaßnahme, die uns durch das Jahr begleitet hat. Der Bauhof der Samtgemein-
de hat hier exzellent gearbeitet, so dass sich diese Bereiche nun barrierefrei und fußgänger-

freundlich mit neuen Pflasterungen und wunderschönen Lampen zeigen. Im Frühjahr werden noch
Bänke aufgestellt werden.

Coronabedingt konnten wir im Jahr 2020 vieles nicht durchführen, was wir uns vorgenommen
hatten und werden uns in diesem Jahr um die Umsetzung kümmern. Bei unseren Baugebieten
Hartwarder-Straße West und Armenland läuft die Bauleitplanung, im Baugebiet Hartwarder-
Straße Ost hat die Bautätigkeit der ersten Bauwilligen begonnen.

In Bensersiel war der Ausbau der Straßen Am Kajedeich, Riffweg, Siedlung und Wiesenweg ge-
plant. Über eine Umsetzung der Maßnahme im Jahr 2021 wird im Rahmen der Haushaltsberatun-
gen zu entscheiden sein.

Der von uns lang geforderte Ausbau der Bahnhofstraße durch das Land Niedersachsen wird nun
endlich im Frühjahr beginnen. Der OOWV wird diese Maßnahme nutzen, um den Schmutzwasser-
kanal und wir, um die Fuß- und Radwege entlang der Straße zu erneuern. Die Modernisierung der
Oberflächenentwässerung in der Molkereistraße wird wegen dieser Sanierungsarbeiten noch wei-
ter warten müssen, eventuell wird die Maßnahme in Taddigshörn in Bensersiel vorgezogen wer-
den. Fest steht, dass der erste Abschnitt der Deicherhöhung in Bensersiel durch die Deich- und
Sielacht entlang des Campingplatzes begonnen werden wird.

Wir haben große Projekte in Angriff genommen, die uns in diesem Jahr weiter begleiten werden.
Auch 2021 wird wieder ein sehr ereignis- und arbeitsintensives Jahr für uns werden.

Wir wissen nicht, was dieses Jahr 2021 uns an neuen Herausforderungen bringen wird, das hat uns
das Jahr 2020 gelehrt. Aber wir wissen, was uns stützt uns trägt. Es sind die Menschen, die uns nah
sind, die uns umgeben, denen wir unser Vertrauen schenken und die uns vertrauen. Gemeinsam
werden wir weiterhin die jetzigen und zukünftigen Herausforderungen annehmen. Besonnen und
gelassen, mit Beharrlichkeit, Mut und Weitsicht.

Und wir werden nicht vergessen das Gute und Schöne im Leben zu sehen, zu genießen und zu fei-
ern! Wir sind Esenser! Wir schöpfen Zuversicht, Kraft und Lebensfreude aus unserer Gemein-
schaft. Darauf können wir stolz sein.

Ich wünsche Ihnen, ich wünsche uns allen ein gutes, ein glückliches, erfolgreiches, friedliches und
vor allem gesundes Jahr 2021.

Ihre Karin Emken, Bürgermeisterin